Ankern und Texaner

Ankern und Texaner

25. August 2023 Aus Von Tramp

Ankern oder die Geschichte von „The Alamo“

Was hat die Schlacht von 1836 um das heutige San Antonio/Texas mit dem Ankern zu tun. Nun ja, es erfordert einen ziemlichen Bogen um das zu erklären.

Die Schlacht um Alamo

Die freiheitswilligen Texaner, das in den 1830-ern noch zu Mexiko gehörten, hatten im Rahmen des Unabhängigkeitskrieges verschiedene Schlachten zu schlagen. Bevor Texas unabhängig wurde, war eine der historischen Schlachten die um das Fort Alamo. Wir haben das Fort, bzw. die Gedenkstätte in den 1980-ern besucht und die Geschichte dahinter kennn gelernt. Die Texaner waren ca. 1:10 unterlegen, konnten aber 3 Angriffswellen abwehren, bevor sie geschlagen wurden. Der Rest der Geschichte ist zu grausam, um sie hier zu erzählen. Was mir im Gedächtnis geblieben ist, ist der Teil der Geschichte, wie die Texaner vorgingen. Es ist ein Motto, das ich heute noch beim Fotografieren verwende:

Don’t shoot unless you can see the white in their eyes. (Nicht schießen, bevor du nicht das Weiße in ihren Augen sehen kannst).

Oder, wie berühmte Fotografen sagten: Wenn deine Bilder nicht gut sind, dann bist du nicht nahe genug dran.

Und jetzt der Schwung zum Ankern

Was hat das jetzt mit dem Ankern zu tun? Na ja, da ist es genauso, nur umgekehrt. Wenn du das Weiße in den Augen deines Nachbarn siehst, dann bist du zu nahe dran. Viel zu nahe.

Nachmittäglicher Reigen in Ithaka

Wir lagen also in den letzten Tagen in Ithaka. Der Hafen ist recht groß und in der Mitte ist reichlich Platz zum Ankern, der gegen Spätnachmittag bzw. Abend dann langsam knapp wird. Zumindest an manchen Tagen (eigene Beobachtung). Was man dann im Hafenkino geboten bekommt kann sehr unterhaltsam sein.

Der Sportliche

Chapeau, um es gleich vorweg zu sagen. Der Sportliche kommt unter Segeln in den Hafen geschossen (4-5 Bft. mindestens für eine gute A-Note), macht einen Aufschießer in den Wind, die 2-Personencrew wirft mit dem Bergen der Segel den Anker und schwimmt binnen 5 Minuten im trüben Hafenwasser, um sich nach einem anstrengenden Segeltag erstmal abzukühlen. Danach wird das Geschirr im Hafenwasser abgewaschen und der Besuch, der am Abend kommt, schrubbt den Rumpf von außen und lässt sich dann im Licht der untergehenden Sonnen nackt auf dem Vordeck vom Wind trocken. (Alles so live geschehen).

Wir lesen keine Bücher, wir schreiben sie

Ob die lieben Segelkollegen wirklich Bücher schreiben, kann ich nicht sagen. Gelesen haben sie keine, zumindest keines, bei dem es um Ankermanöver ging. Der Anker wird in dem dichten Feld aus Yachten bei mehr oder minder schneller Vorwärtsfahrt geworfen. Dann wird noch ein Stück gefahren, bis man beim Rückwärtsfahren feststellt, dass der Anker nicht hält. Also Vorwärtsgas, Anker etwas nach vorne schleppen und das Ganze nochmal. Trotz des sehr gut haltenden Schlickbodens ist es sehr schwierig, so den Anker zum Halten zu bringen. Das Manöver wird so 5 bis 10 mal wiederholt, bis im Hafenkino ein neuer Film beginnt oder das Boot eine andere Möglichkeit des Festmachens wählt.

Der Texaner oder die Methode nach Alamo

Hier kann ich jetzt endlich auf die einleitende Geschichte zurückgreifen. Der Anker wird beim Rückwärtsfahren oder -treiben geworfen und greift auch gut. Das Problem ist nur, dass das nächste Boot in Reich-(Griff-)weite ist. Wenn der Wind zunimmt oder sonst was passiert oder spätestens, wenn am nächsten Morgen der weiter hinten liegende raus will, dann wird’s eng. Dann hilft es auch nix, wenn man seit 10 Jahren auf dem Boot lebt, eng bleibt eng. Manchmal geht’s nicht anders, aber in einem freien Hafenbecken sollte man eine bessere Stelle zum Ankern finden können.

Der Normalo

Das ist der Langeweiler, der sich eine freie Stelle im Hafenbecken sucht, dessen Crew weiß, was sie zu tun hat. Die Stelle wird angepeilt, etwas darüber hinausgefahren, der Anker rasselt an seiner Kette nach unten, man läßt sich nach hinten treiben, check ob der Anker hält, dann genug Kette gesteckt und die Position für eine Zeit lang beobachten. Geht meistens gut, ist aber wie gesagt langweilig. Wie Hafenkino mit Kurzwerbung für einen Tierdokumentarfilm.