– 279° C, geht das?

27. November 2018 Aus Von Tom
This entry is part 10 of 14 in the series Kreta 2018

So, jetzt sind wir also an Bord. Pelé hat sich von der Dröhnung erholt und wir haben die ersten Stunden auch hinter uns gebracht. Der Unterschied zur Arbeit ist gravierender als normal, zu groß war der Stress vor dem Urlaub. Heute morgen, am 3. Tag komme ich so langsam etwas runter. 

Der erste Abend hatte noch mit einem, im Englischen würde man sagen „feast“ geendet, selbst die kleinen Portionen in unserem Winterstammlokal ernähren eine ganze Familie. 

Der Sonntag verlief recht ruhig, wir wuselten an Bord herum und brachten die Heizung zum laufen, wegen eines falsch umgelegten Hahns war im Sommer Diesel in den Auspuffstutzen  gelaufen, der jetzt verdampfte oder besser verqualmte und die Kabine bei laufender Heizung mit einer dicken Qualmwolke ausfüllte. Alle Geschäfte hatten geschlossen, das Wetter war recht angenehm, Sonne, kaum Wind, Zeit zum Abhängen und der Heizung beim Qualmen zusehen. Nachdem sich der Qualm gelegt hatte, entschlossen wir uns abends zu einer Pizza um die Ecke.

Schmeckte eigentlich recht gut. Gegen 5 Uhr morgens holte mich dann Montezumas oder sollte ich eher sagen Dionysos Rache ein. Die Inkubationszeiten von Lebensmittelvergiftungen sind mir nicht mehr so ganz geläufig, aber es könnte E. coli oder Staphylococcus gewesen sein, der mich gegen 5 Uhr aus dem Bett riss.

So im Laufe des Vormittages erholte ich mich langsam und versuchte mich mit Arbeit abzulenken. Essen wollte ich erst mal auf absehbare Zeit nichts und daher haben wir uns dem Boiler gewidmet, der als Ersatzteil seit fast einem Jahr herumlag, ohne dass sich jemand gefunden hätte, der ihn installieren wollte. Beim alten war das Gas undicht, außerdem leckte er auch wassertechnisch und vor einem halben Jahr gab er ganz den Geist auf. Im Sommer war das kein großes Problem, insbesondere wenn man wenig unterwegs ist, jetzt wäre vor Anker eine warme Dusche recht angenehm. Der Installateur, der auf Kreta offensichtlich als einziger Gasanlagen an Bord repariert, war den Sommer über nicht in Agios aufgetaucht, so dass ich die Sache selbst in die Hand nehmen wollte.

Nun sind Wasser und Gas an Bord etwas heikel, zudem waren die Anschlüsse in dem 40 Jahre alten Boiler gelötet und ich hatte große Bedenken, mit einer Lötlampe die Verbindungen zu machen. Also sind wir zu unserem „hat alles da“-Händler nach Elounda gefahren (wir haben ja einen Mietwagen) und haben 20 verschiedene Schläuche und Adapter gekauft, um irgendwie das Wasser aus dem Schlauch zum Boiler zu kriegen. Wegen der Löcher in der Arbeitsplatte war der Durchmesser der Schläuche auf 20 mm limitiert, mit Ummantelung endeten wir schließlich auf 1/8″ Anschlüssen. Das sollte noch seine Folgen haben…

Die Wasserinstallation hätte also funktionieren können, aber Gas ist in Griechenland (und wahrscheinlich auf der ganzen Welt) noch ein anderes Thema. Obwohl wir ja einen offenen Gaskocher haben, um dessen Abgase sich keiner große Gedanken zu machen scheint, der wegen seiner kardanischen Aufhängung auch mit einem langen Schlauch an der Gasversorgung hängt und es, um Verwechslungen auszuschließen, mal Links-, mal Rechtsgewinde gibt, brauchten wir einen Gasspezialladen. Der sei hinter dem Kreisverkehr auf der rechten Seite, sagte Stavros, der uns im Wasserladen bedient hatte. Gas sei halt was besonderes. Also ok, im Gasladen saßen 4 kräftig gebaute Männer in einer eifrigen Diskussion, die sie aber sofort unterbrachen, als wir unser Problem schilderten. 3/8″-Rechtsgewinde sei kein Problem, allerdings der Übergang auf unseren Gasanschluss sei eine (gefühlt) unanständige Sache. Nach einigem Hin und Her, Diskussionen über Schläuche, die 1 Minute in warmen Wasser dehnbar gemacht werden und einem Adapter, der plötzlich aus einem Werkzeugkasten auftauchte, verließen wir den Laden mit 1.5 m Gasschlauch, 4 Schlauchklemmen und einem Adapter, 7 mm auf 3/8″. 

Das Chaos an Bord nahm bisher unbekannte Ausmaße an, Gabelschlüssel von 11 bis 27 mm, Rohrzange, Gripzange, Schraubenzieher in allen Längen und Größen, demontierter alter Boiler, Kupferrohre, neuer Boiler und zig Adapter waren über den ganzen Salon und die Kombüse verteilt. Zunächst galt es, den alten Boiler zu demontieren, dank WD 40 ging das überraschend gut. Durch die Löcher passten auch die neuen Schläuche und das Gas war auch mittels heißem Wasser und dem Adapter zu verbinden. 

Gegen 6 Uhr abends versuchten wir dann endlich warmes Wasser aus der Anlage zu ziehen. Aber egal was wir machten, das Rinnsal, das sich aus dem Wasserhahn ergoß blieb kalt. Der Boiler machte auch keine Anstalten, zumindest einmal das Gasflämmchen auflodern zu lassen. Gegen 7 Uhr gaben wir entnervt auf und machten erst mal klar Schiff. Als alles wieder in den Werkzeugkisten verschwunden war und der alte Boiler im Müll lag, hatte ich beileibe keine Lust mehr, mich noch in Schale zu werfen und Essen zu gehen. Wegen des Chaos den ganzen Tag über hatten wir kein Plätzchen gefunden, um zumindest mal eine Stulle zu essen, geschweige denn hatte es für eine Rasur gereicht. Dass sich mein Duschzeug in den Rucksack entleert hatte, trug auch nicht gerade zur guten Laune bei. Also Rucksack sauber machen und noch mal zum Einkaufen. Mein Lieblingsmetzger hatte super leckere Stücke zum Kurzbraten und im Supermarkt bekamen wir noch ein kaltes Mythos-Bier. So ließen wir den Abend ausklingen, der Rucksack trocknete in der Ecke am Haken. Das Fleisch schmeckte hervorragend, zum Abschluss noch ein bisschen Käse und dann mit Barawitzka in die Koje. 

Heute morgen kam mir dann auf dem Spaziergang mit Pelé die Idee, wie wir das Problem mit dem Boiler lösen könnten. Doch davon später mehr…

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